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Das ABC des Ehlers-Danlos-Syndroms

von Karina Sturm.

Das Ehlers-Danlos-Syndrom ist vermutlich eines der komplexesten Krankheitsbilder, das die Patienten auf ganz unterschiedliche Art beeinflusst. Aber wir haben auch einiges gemeinsam. Um diese vielfältige genetische Bindegewebserkrankung etwas klarer werden zu lassen, habe ich dieses kleine ABC erstellt. 

A wie Arzt 

Mit einer chronischen Multisystemerkrankung, wie dem Ehlers-Danlos-Syndrom, benötigt man ein Team an Experten aus den meisten Fachrichtungen. Darunter z. B. Hausarzt, Orthopäde, Kardiologe, Chirurg, Physiotherapeut, Schmerztherapeut und mehr. Betroffene haben praktisch immer Termine zu Vorsorgeuntersuchungen, Therapien oder wegen akuter Beschwerden. 

B wie Behinderung 

Viele Betroffene leben mit leichten bis schweren Einschränkungen durch das EDS. Ein Grad der Behinderung (GdB), der beim Versorgungsamt beantragt wird, kann Steuererleichterungen und andere Ausgleiche für schwerkranke Menschen bringen.

C wie Chronisch 

Ein Satz, den ich oft höre ist: „Wann bist du denn endlich wieder gesund? Das muss doch wieder besser werden.“ Das Ehlers-Danlos-Syndrom ist eine chronische Erkrankung, die ein Leben lang bestehen bleibt. Bei vielen verläuft sie schleichend fortschreitend. Sie geht also nie weg und wird häufig auch nicht besser. Ja, Symptome können behandelt werden, die Gelenke können stabilisiert werden, aber die Grunderkrankung wird trotzdem bleiben. 

D wie Diagnose 

Der Weg zur Diagnose Ehlers-Danlos-Syndrom ist meist lang und beschwerlich. Es ist bei Ärzten eher wenig bekannt und die verschiedenen Erscheinungsformen führen dazu, dass es meist Jahrzehnte nicht erkannt wird. Viele Patienten finden die Diagnose selbst. 

E wie Erwerbsminderungsrente 

Das Ehlers-Danlos-Syndrom ist eine schwere Erkrankung, die auch schon in jungen Jahren zur Arbeitsunfähigkeit und im nächsten Schritt zur Erwerbsminderungsrente führen kann. Das Alter ist kein Indikator dafür, ob ein Mensch Rentner sein kann oder nicht. 

F wie Fehldiagnosen 

Der Großteil der Ehlers-Danlos-Betroffenen wird auf der Suche nach der Diagnose falsch diagnostiziert. Häufig kommt es zu fehlerhaften psychischen Diagnosen. In der Konsequenz können inadäquate Therapien schwere Folgeschäden nach sich ziehen. 

G wie Gelenksüberbeweglichkeit (Hypermobilität) 

Eines der Hauptzeichen des Ehlers-Danlos-Syndroms ist die Überbeweglichkeit der Gelenke. Diese wird anhand des Beighton-Scores gemessen. Der Beighton-Score bestimmt die Hypermobilität der Finger, Knie, des Rückens und der Ellbogen. Er ist eines von mehreren Hauptkriterien zur Diagnostik des Ehlers-Danlos-Syndroms. 

H wie Hilfsmittel 

Hilfsmittel sind im Leben mit EDS nicht wegzudenken. Bandagen oder Orthesen, um die Gelenke zu stabilisieren, Kompressionskleidung, Ringsplints, Kissen, Matratzen, Duschstühle, Rollstühle, Gehhilfen und viele mehr können im Alltag für mehr Lebensqualität sorgen. 

I wie Instabilität 

Das Ehlers-Danlos-Syndrom kann zur Instabilität diverser Gelenke führen. Eine schwerwiegende Komplikation des EDS ist die Instabilität der oberen Halswirbelsäule für die es weltweit nur wenige Experten gibt. 

J wie Jugend

Häufig verschlechtern sich die EDS-Symptome in der Jugend/Pubertät. Andere Betroffene haben bereits in der Kindheit starke Symptome oder erfahren erste Probleme nach Unfällen oder Traumata. 

K wie Komorbiditäten 

Das Ehlers-Danlos-Syndrom kommt selten alleine. Es bringt oft diverse komorbide Erkrankungen mit sich, z. B. Mastzellaktivierungssyndrom, Small-Fiber-Neuropathie, posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom (POTS), chronische Erschöpfung, und viele mehr. Diese Komorbiditäten wiederum bedürfen alle eigener Therapien und Fachärzte und können sich gegenseitig beeinflussen, sodass eine fachübergreifende Behandlung aller Erkrankungen notwendig wird.

L wie Luxation 

Betroffene des EDS können Gelenke ganz ohne große äußere Einflüsse ausrenken (Luxation). Andere hingegen, renken nicht vollständig, sondern nur teilweise die Gelenke aus (Subluxation). 

M wie Medikamente 

Derzeit ist EDS nicht heilbar. Es kann nur symptomatisch therapiert werden. Oft kommen diverse Medikamente gegen Schmerzen oder zur Behandlung komorbider Erkrankung zum Einsatz in Kombination mit anderen Therapien. 

N wie Notfall

Abhängig vom Typ des EDS können auch schwere Notfälle auftreten, wie Organ- oder Gefäßrisse. Aber auch Patienten mit anderen Verlaufsformen müssen aufgrund der Schmerzen oder anderer akuter Probleme die Notaufnahme aufsuchen, in der oftmals wenig bis gar keine Erfahrung mit EDS vorliegt.

O wie Operation 

Die letzte Therapieoption bei EDS, die aber häufig notwendig wird, um instabile Gelenke zu stabilisieren, ist die Operation. EDS-Patienten haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen, weshalb sie nur in spezialisierten Zentren operiert werden sollten, in denen das Personal auf EDS geschult wurde. 

P wie Physiotherapie 

Physiotherapie ist für viele Menschen mit EDS die wichtigste Therapie, um die Gelenkfunktion zu erhalten und die Gelenke zu stabilisieren. Wichtig hierbei ist, dass der Physiotherapeut sich gut mit EDS auskennt.

R wie Research 

Forschung ist für EDS-Betroffene auf vielen Ebenen wichtig. Einmal natürlich das eigene Hinterfragen, informieren und lernen, um möglichst viel über die Krankheit zu wissen und sein eigener Fachmann zu werden. Aber dann natürlich auch die Forschung zu EDS, die in der Zukunft bessere Diagnostik, andere Therapien, neue Medikamente und vielleicht in der weiten Ferne sogar eine Heilung bringt. EDS-Forschung ist derzeit am meisten in den USA vertreten und wissenschaftliche Publikationen findet man auf der Seite der EDS Society oder über die Suchfunktion von PubMed. Wer selbst an Studien teilnehmen will, kann über ClinicalTrials.gov passende Studien finden.

S wie Schmerz

Schmerz ist eines der Hauptsymptome von EDS. Es können alle Schmerzformen in jedem Bereich des Körpers auftreten, weshalb eine Schmerztherapie häufig unumgänglich wird. 

T wie Trauma 

Jeder Betroffene hat in der Vergangenheit negative Erfahrungen mit Ärzten, Behörden oder Versicherungen machen müssen. Manche sogar so viele, dass sie durch diese Erlebnisse traumatisiert wurden, was das Vertrauen in die Ärzte, die so wichtig für unsere Lebensqualität sind, negativ beeinflusst.  

U wie Unsichtbar

EDS gehört zu den unsichtbaren Erkrankungen, weshalb die Betroffenen oft Kommentare hören wie: ”Du siehst doch gar nicht krank aus”, oder ”Du bist viel zu jung.” EDS kann man nicht sehen und die Betroffenen wissen gut, wie man die Schmerzen hinter einem Lächeln versteckt. Never judge a book by its cover.

V wie VDK

Der VDK oder andere Organisationen können helfen Rechtsansprüche durchzusetzen. Ich bin dazu übergegangen nichts mehr was mit wichtigen sozialen Leistungen zu tun hat ohne Rechtsbeistand zu erledigen, denn die Erfahrungen mit Rente, Krankenkasse und Co. waren immer negativ, wenn ich nicht jemanden hatte, der sich mit dem Sozialrecht auskannte. 

W wie Wartezimmer

EDS-Betroffene verbringen viel Zeit in Wartezimmern diverser Fachärzte. Oftmals mit Enttäuschungen verbunden, reisen wir durch Deutschland oder in andere Länder, um die Hilfe zu finden, die wir benötigen. 

X wie X-Ray

EDS-Beschwerden bedürfen meist vieler diagnostischer Maßnahmen. Röntgen von Gelenken, MRT von Organen, CT’s, Ultraschalls und mehr. 

Y wie Yoga

EDS-Betroffene können oft unglaubliche Verrenkungen durchführen, weshalb Yoga besonders gut funktioniert. Allerdings ist es für die Gelenke gar nicht gut, so über das normale Bewegungsmaß hinauszugehen, weshalb Yoga nur vorsichtig ausgeübt werden sollte. 

Z wie Zebra 

Das Zebra steht als Symbol für Menschen mit seltenen Erkrankungen. Warum? When you hear hoofbeats, think of horses not zebras. Wenn du Hufgetrampel hörst, denk an Pferde, nicht an Zebras. Medizinern wird beigebracht das meistens das Naheliegendste die richtige Antwort ist. Manchmal aber auch nicht, denn über vier Millionen Menschen leben alleine in Deutschland mit einer seltenen Erkrankung.

Mit freundlicher Unterstützung von der What’s App Gruppe ”Schlaflose Zebras” mit Wackelzebra und vielen anderen lieben Freunden.

Bild: Geralt – Pixabay

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