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Buchrezension: ”Wenn du Schmerzen hast, gehe langsam” von Maren Schönfeld

Buchcover das einen Park zeigt mit vielen grünen Bäumen unter denen zwei Bänke stehen. Text: Maren Schönfeld; Wenn du Schmerzen hast, gehe langsam.

von Karina Sturm.

”12775 Tage Schmerz, so ungefähr 1-2-7-7-5 wie eine Telefonnummer die ich nicht wähle, doch von der angerufen wird täglich.” So fühlt sich für Maren das Leben mit ihren chronischen Schmerzen an, die sie von Geburt an begleiten. 

In ihrem Buch ”Wenn du Schmerzen hast, gehe langsam”, beschreibt Maren wie ihre Beschwerden entstanden, welche Diagnosen sie über die Jahre erhielt, wie sie einen Weg gefunden hat, mit chronischen Schmerzen ein glückliches Leben zu führen, und welche immer neuen Maßnahmen ihr helfen ihren Alltag zu bestreiten. 

In neun eigenen Abschnitten beleuchtet sie jeweils ein bestimmtes Thema rund um die Schmerzen und jedes der Kapitel endet mit einem passenden Gedicht, was dem Buch eine poetische Note verleiht. 

Maren erklärt im ersten Kapitel chronologisch welche Konsequenzen die dauerhaften Schmerzen in ihrer Kindheit, Jugend und im Erwachsenenalter hatten. Wie viele chronische Schmerzpatienten macht Maren von klein auf unzählige schlechte Erfahrungen mit Ärzten. ”Ich flippe aus und bin nicht zu beruhigen, wenn ich Menschen in weißen Kitteln sehe”, schreibt sie über ihre Kindheit. Bereits bei der Geburt hatte Maren eine Hüftausrenkung und musste viele Therapien über sich ergehen lassen. Alles mit einem Resultat: Sie kennt kein Leben ohne Schmerz. Als Kind ist sie meist ein Außenseiter und findet schnell ihre Liebe zur Literatur, zum Lesen. Sie flüchtet sich in die Bücher; in der Fantasie kann sie den Schmerz ausblenden und sein wer sie will. 

Früh in ihrer Schmerzgeschichte wird die Ursache ihrer Beschwerden gefunden: Ihre Gelenke sind überbeweglich. Doch die meisten Ärzte wissen nicht viel mit der Diagnose anzufangen. Trotz der Hypermobilität wird sie zum Ballett geschickt und verletzt sich dort. Viele andere Mediziner folgen und Maren erkennt: ”Wenn mir keiner helfen kann, helfe ich mir eben selbst.” Sie entdeckt ihre Bindung zu Gott. Neben dem Glauben findet Maren im Tagebuch- und Gedichtschreiben Wege zur Bewältigung der stetig stärker werdenden Schmerzen. 

Eine wirkliche Schmerztherapie hat sie lange nicht. Sie kauft freiverkäufliche Mittel und nutzt Homöopathie. Mit Anfang 40 nehmen die Schmerzen überhand und sie findet endlich einen kompetenten Arzt, der ihr die notwendigen Schmerzmittel verordnet, die ihre Beschwerden lindern. 2015 stößt sie auf die Diagnose Ehlers-Danlos-Syndrom, die all ihre Symptome und Probleme von Kindheit an erklären würde: die ständigen Blutungen, die weiche Haut, die ausgerenkten Gelenke und natürlich die starken Schmerzen. 

”Ich habe gelernt, dass es nicht nur klüger, sondern geradezu notwendig ist, manchmal nachzugeben. Daraus lässt sich auch Kraft schöpfen”, schreibt sie in Kapitel 2 ihres Buches. Anhand eines Tagesprotokolls erklärt Maren wie ihr Alltag mit chronischen Schmerzen aussieht. Im nächsten Kapitel erfahren die Leser mehr über Maren’s Umgang mit ihren Einschränkungen und wie sie es schafft ein glückliches Leben zu führen. Sie sagt: ”Viel besser ist es aber zu sehen, was geht und dafür dankbar zu sein.” Die kleinen Dinge im Leben zu genießen, das hat sie gelernt. Kapitel 4 widmet sich dem ständigen Konflikt zwischen dem, was der Kopf will und dem, was der Körper leisten kann. Ein Dilemma, das viele chronisch Kranke kennen: Man will so viel erreichen, aber kann täglich nicht all das bewältigen, was man sich wünscht. 

Die folgenden Teile 5 und 6 gehen auf den Umgang des Umfelds mit chronisch Kranken ein. Maren erzählt von den Reaktionen ihrer gesunden Mitmenschen und dem Gefühlschaos, das für sie daraus entsteht. Sie schreibt: ”Ich empfinde eine Mischung aus Schuldbewusstsein, Mitgefühl und Bloßstellung.” Ständig wird ihr zu neuen Therapien, Medikamenten oder gar Operationen geraten und Maren erklärt, warum chronisch Kranke nicht all das ausprobieren, was ihnen täglich empfohlen wird. In Kapitel 7 bis 9 gibt sie zusätzlich konkrete Tipps zur Alltagsbewältigung mit körperlichen Einschränkungen und zur Stabilisation des mentalen Wohlbefindens. 

Maren’s Buch ”Wenn du Schmerzen hast, gehe langsam” erzählt von all den großen und kleinen Hürden, die sich im Alltag ergeben, wenn man eben nicht funktioniert, wie alle anderen Menschen um einen herum. Wenn man zu einer Minderheit gehört und das Treten eines Autopedals zu einer Herausforderung wird. Dieses Buch zeigt Wege auf mit dem Schmerz zu leben, aber auch Lücken im System und im Verständnis der Gesellschaft in Bezug auf chronische Krankheiten und Behinderungen. 

Buchcover das einen Park zeigt mit vielen grünen Bäumen unter denen zwei Bänke stehen. Text: Maren Schönfeld; Wenn du Schmerzen hast, gehe langsam.
Cover von Maren’s Buch: Wenn du Schmerzen hast, gehe langsam. Copyright: Maren Schönfeld

Zum Buch: 

”Wenn du Schmerzen hast, gehe langsam” könnt ihr auf Amazon kaufen

Mehr Informationen zum Buch: Wenn du Schmerzen hast, gehe langsam

Addendum: 

Die Kriterien zur Diagnostik der Ehlers-Danlos-Syndrom-Typen und deren Klassifikation haben sich 2017 grundsätzlich verändert. Ein Expertenkonsortium hat im ”American Journal of Medical Genetics Part C ” eine Reihe an Publikationen veröffentlicht, die weltweit gültig sind, um das EDS zu diagnostizieren. Darüberhinaus finden sich in diesem Journal diverse Publikationen zu Management und Diagnostik möglicher komorbider Erkrankungen. 

Die offiziellen Publikationen findet ihr auf der Seite der EDS Society zum kostenlosen Download.

Interessenskonflikt: 

Maren hat beim Lektorieren meiner Bücher geholfen und wir stehen seit Jahren in engem Kontakt. Ich schreibe dieses Rezension aber aus eigener Motivation und ohne Einfluss Dritter.

Habt ihr das Buch schon gelesen? Dann lasst mich in den Kommentaren wissen, wie es euch gefällt!

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