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Schreiben als Coping bei chronischer Krankheit

Ein Bild einer großen Welle am Ocean Beach in San Francisco

von Karina Sturm.

Es ist schwer mich von den Dingen, die ich liebe und die mir helfen, abzuhalten. Schreiben ist meine Leidenschaft und auch ein kleines Stückchen Coping-Strategie, um mit alldem klar zu kommen, mit dem mich das Leben so beworfen hat.

Zu meiner schwierigen Ausgangssituation, einem Leben mit dem Ehlers-Danlos-Syndrom, hat sich über die Jahre eine lange Liste an Begleiterkrankungen gesellt.

An sich hat mich die HWS-Instabilität, mein erstes wirkliches „Symptom“ der zugrundeliegenden Bindewebserkrankung, schon vom Großteil meiner Leidenschaften abgehalten, doch nun sind wir an einem Punkt, an dem meine Erkrankungen mir zunehmend die Dinge wegnimmt, die mir Hoffnung geben und mich bei klarem Verstand halten.

Bisher konnte ich immer für alles einen Ersatz finden, der mich zwar nicht immer genauso glücklich machte, aber doch dafür sorgte, dass ich nicht unterging. Nach langen Jahren voller Anpassung und neuer Hobbies blieb ich dann bei der einzige Sache, die immer irgendwie funktionierte: dem Schreiben.

Über mein Leben mit all diesen Erkrankungen zu schreiben, half mir besser damit umzugehen.

Außerdem gab mir mein Blog zusätzlich das Gefühl etwas Sinnvolles zu tun und anderen mit meinen Texten Kraft zu geben.

Nach einem schlechten Arzttermin griff ich sofort zu meinem Tagebuch. Nach jeder Erfahrung, egal ob gut oder schlecht, schrieb ich an meinem Buch, ich arbeitete an Texten der Website oder schrieb einfach nur persönliche Zeilen an mich selbst. Briefe an mein zukünftiges Ich.

Schreiben kann bei so vielen Dingen helfen.

Es sorgt dafür, dass ich nicht ständig all meine Emotionen an meinen Mitmenschen auslasse; es hilft mir ausgeglichen zu bleiben (oder zumindest ansatzweise); es hilft dabei Traumata zu verarbeiten und es gibt mir eine neue Aufgabe.

Für mich bedeutet Schreiben ein Stückchen Unabhängigkeit, Kraft, Mut und vor allem einen Sinn im Leben zu sehen.

Doch nun stehe ich an dem Punkt, an dem selbst das Schreiben zu einer Herausforderung wurde.

Gerade kann ich weder körperlich noch geistig aktiv sein kann. Seit einigen Wochen hat mein EDS-geplagter Körper beschlossen mir nach ca. einer Stunde in aufrechter Körperhaltung (ja, auch sitzen zählt) den Strom abzudrehen. Zumindest fühlt es sich genauso an. Wenn ich beschreiben müsste, was da in meinem Körper passiert, würde ich sagen, dass nicht genug Blut in meinem Kopf ankommt.

Diese neuen Probleme sind auf eine komorbide Erkrankung des EDS zurückzuführen, der Dysautonomie.

Ein harmloser grippaler Infekt und einige andere kleine Änderungen meines Lebensstils haben offensichtlich dazu geführt, dass sich die hässliche Seite dieser Erkrankung bei mir zeigt. EDS fühlt sich manchmal an, als würde man im Kreis laufen. Erzielt man eine Verbesserung bei der einen Folgekrankheit, kommt sofort eine Verschlechterung bei einer anderen Krankheit.

Wenn man mir etwas wegnimmt, was ich von Herzen liebe, reagiere ich immer gleich.

Erst betrauere ich die weitere Aktivität, die ich nicht mehr machen kann. Dann bin wütend darüber, dass mein Körper einfach nicht so will wie ich. Als Folge verkrieche ich mich ein paar Tage und dann stehe ich auf und suche mir etwas Neues.

My happy place
Neben dem Schreiben, hilft mir die Natur dabei mit EDS umzugehen.

Mit dem Schreiben ist das anders.

Es gibt nichts, was mir in irgendeiner Weise die selbe Art an Glück bieten könnte. Es gibt nichts mit dem ich es ersetzen könnte. Ich kann mir diese eine Sache einfach nicht wegnehmen lassen. Dieses Mal kann ich meinem Körper nicht erlauben mir eine weitere Leidenschaft zu zerstören.

Und was mache ich nun?

Ich schreibe also neuerdings schon bevor ich einen Fuß auf den Boden stelle: vor dem Aufstehen im Bett. Wenn das nicht geht, dann vor dem Frühstück. Ich nutze jede einzelne Minute, die ich noch klar bei Verstand bin, bevor ich dann wieder völlig benebelt nur noch im Stande bin in den Fernseher zu starren.

Man kann mir alles weg nehmen, aber nicht das Schreiben!

6 Kommentare
  1. Catrin Tolksdorf-Bilz sagte:

    Liebe Karina, ich kann dich sehr gut verstehen! Nun schreibe ich nicht ganz so viel, wie du, aber auch mit Begeisterung! Tagebuch, Kindheitserinnerungen, historische Texte, altdeutsche Handschrift.. abschreiben. Am Liebsten handschriftlich. Das ist dann gleichzeitig wie eine Meditation, die mir beim Abschalten von meinen Krankheiten hilft. Über diese schrieb ich dir ja schon einmal…….. Lass dich nicht unterkriegen!!! Fühl dich umarmt. Natürlich vorsichtig ?

    Antworten
  2. Andy sagte:

    Hallo Karina,
    ich selbst bin ebenfalls Chronisch Erkrankt und finde Deine Idee super,
    dass man durch das Niederschreiben andere besser und Gleichzeitig mehr Erreicht.
    Vieles von dem, was Du Schreibst, kenne ich in ähnlicher form nur all zu gut.

    Ich selbst habe ein Chronisches Hypophysen Adenom,
    mittlerweile das Sechste.
    Fünf mal wurde ich bisher Operiert, nun werde ich Bestrahlt.

    Ich finde die Idee, Deiner Seite, toll,
    nur bin ich leider eher unbegabt, etwas auf’s Papier zu bringen ;-)

    Mach so weiter,
    alles Gute

    Andy

    Antworten
    • karinabutterfly sagte:

      Hallo Andy. Vielen Dank für den motivierenden Kommentar :)
      Ich würde mich freuen auch deine Geschichte zu hören und biete dir gerne an bei der Fertigstellung zu helfen. Ich hab auch nie gedacht dass ich mal anfange zu schreiben aber mir hilft es sehr und ich glaube auch viele andere können davon profitieren. Wenn du es dir anders überlegst dann lass es mich wissen.
      Gruss

      Karina

      Antworten
      • Andy sagte:

        Hallo Karina,
        danke Dir für die schnelle Antwort.
        Bin ja ab Morgen 21/04 in der Klinik.
        Je nach dem, wie es mir geht, werde ich Dir
        kommende Woche meine Geschichte schicken…

        Schau Sie Dir nur bitte vor der Veröffe tlichung einmal an ;-)
        Bis dahin,
        schröne Grüße
        Andy

        Antworten

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